Die Erblast der Kaliindustrie
Die Fösse ist der einzige Bach in Hannover mit „Meerwasser". Ihr Wasser hat eher Gemeinsamkeiten mit der Nordsee als mit dem Maschsee. Grund dafür ist der frühere Kalibergbau, der am südwestlichen Stadtrand von Hannover betrieben wurde. Seine „Wahrzeichen" sind die weithin sichtbaren Abraumhalden in Empelde und Ronnenberg. Letztere ist mittlerweile zum größten Teil abgetragen worden.
In Höhe des Sportplatzes an der Lenther Chaussee mündet der sogenannte Salzgraben von rechts in die Fösse. Über ihn wurden jahrzehntelang die salzhaltigen Oberflächenwässer eingeleitet, die bei Regenfällen aus den Kalihalden ausgewaschen werden - und die Fösse zum Salzwasser machen. Im Jahre 2008 wurde die Einleitungsstelle durch den Bau einer Rohrleitung ein Stück weiter bachabwärts verlegt. Das Grundproblem der salzigen Haldenabwässer ist damit aber nicht beseitigt
Zwischen der Schörlingstraße und der Güterumgehungsbahn unterquert die Fösse einen Fuß- und Radweg.
Untersuchungsergebnisse der ALG
Die Arbeitsgemeinschaft Limnologie und Gewässerschutz e.V. (ALG), ein in Hannover ansässiger Verein, führt seit vielen Jahren jeweils an vier Untersuchungsstellen an der Fösse Gütekartierungen durch:
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An der Feldwegbrücke in der Nähe der Stadtgrenze, südwestlich von Davenstedt (oberhalb der Salzeinleitung)
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An der Fußgängerbrücke in Verlängerung der Straße 'Im Born' (etwa 400 Meter unterhalb der Salzeinleitung)
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Kurz unterhalb der Woermannstraße
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Kurz oberhalb der Wunstorfer Straße, etwa 500 Meter vor der Einmündung in die Leine
Auch Ende Oktober 2009 hat die ALG Chloridmessungen - mit Ausnahme der Messstelle 4 - vorgenommen, um die aktuelle Salzbelastung zu dokumentieren. Die Ergebnisse sind zusammen mit älteren Daten, die bis 1987 zurückreichen, in der folgenden Grafik dargestellt.
Zur Erläuterung: Aus Platzgründen sind die genauen Werte nur für die Untersuchungsstellen 1 und 2 angegeben. Die Skala ist logarithmisch aufgebaut, da die geringen Werte oberhalb der Salzeinleitung sonst nicht darstellbar wären.
Ein Vergleich der Messwerte aus dem Zeitraum 1987 bis 2009 zeigt, dass die Chloridgehalte unterhalb des Salzgrabens stark schwanken können (siehe Untersuchungsstellen 2 bis 4). Der niedrigste Wert, der an der Untersuchungsstelle 2, also etwa 400 Meter unterhalb der Salzeinleitungen gemessen wurde, betrug 2.875 mg/l (Dezember 2001). Der höchste Wert lag dagegen bei 91.500 mg/l (September 1989). Diese Schwankungen sind durch unterschiedlich hohe Salzmengen in den Haldenabwässern und durch unterschiedliche Wassermengen in der Fösse, d.h. durch Verdünnungseffekte zu erklären.
Es gibt auch eine natürliche Salzquelle
Eine weitere Salzquelle befindet sich etwa 50 Meter oberhalb der Woermannstraße. Hier tritt aus einem Rohr salzhaltiges Grundwasser an die Oberfläche und fließt direkt in die Fösse. Die Chloridwerte dieses Wassers liegen seit vielen Jahren konstant zwischen 6.500 und 8.000 mg/l. Damit ist das Grundwasser meistens deutlich weniger salzig als die Fösse, in die es fließt. Diese Salzquelle würde aber vermutlich schon alleine ausreichen, um die Fösse auf einer längeren Teilstrecke für die meisten Tier- und Pflanzenarten des Süßwassers unbewohnbar zu machen. Am 31. Oktober 2009 wurden in der Salzquelle 7.400 mg/l Chlorid bei einer Leitfähigkeit von 20.400 µS/cm gemessen.
Salziger als die Nordsee
Um die Messwerte einordnen zu können, sei auf die biologischen Schwellenwerte für die Süßwasserfauna hingewiesen, oberhalb derer Schädigungen dieser Organismen eintreten. Für Fische gelten Chloridwerte über 2.000 mg/l als unverträglich. Die heimischen Flohkrebse, die eine wichtige Nahrungsgrundlage für viele Fischarten darstellen, sind bereits bei dauerhaften Chloridwerten über 500 mg/l nicht mehr lebensfähig.
Interessant ist auch ein Vergleich mit dem Chloridgehalt der Nordsee. Dieser liegt bei rund 19.000 mg/l. Bei der bisher höchsten Chloridkonzentration von 91.500 mg/l, die in der Fösse gemessen wurde, war diese folglich 4,8 mal salziger als die Nordsee!
Als Folge der hohen Chloridwerte ist die Fösse auf dem größten Teil ihrer Fließstrecke biologisch verödet. Außer einigen Algen sind unterhalb der Salzeinleitung keine lebenden Organismen zu finden.
Statt dessen haben sich im Laufe der Zeit salztolerante Pflanzen an Stellen angesiedelt, wo die Bachufer nicht mit Beton oder Holzfaschinen befestigt sind. Diese Arten prägen sonst die Salzwiesen an der Nordseeküste und sind im Binnenland sehr selten anzutreffen.